Erstes liberales Stadtgespräch

Premiere des liberalen Stadtgesprächs

Das Weltspiegel Kino kennt sicher jeder. Aber kennen Sie auch den Geschäftsführer, Thomas Rüttgers? Der FDP-Ortsverband Mettmann war mit ihm im Gespräch, um mehr über ihn als Person, Geschäftsmann und seine Sicht auf Mettmann zu erfahren.

Wie kommt man dazu, ein Kino zu eröffnen?

Das ist eine lange Vorgeschichte. Seit mehr als 60 Jahren ist meine Familie in der Kinobranche als Zulieferant für Projektions- und Tontechnik aktiv und bekannt. In den 80er Jahren habe ich über ein Praktikum bei einem italienischen Hersteller für Projektionstechnik , erstmalig Kontakt mit der Filmbranche bekommen und war sofort von der Branche fasziniert. Trotz Warnung aller Freunde und Bekannten zu der Zeit, Kino sei tot und hätte keine Zukunft, war ich vom Fortbestand der Filmindustrie überzeugt. Geholfen hat hier mit Sicherheit unser kleines kinotechnisches Unternehmen zu der Zeit und die Aussicht in den 90er die Multiplexwelle in Deutschland mit zu begleiten. So wuchs unsere Firma im Laufe der Jahre von ursprünglich 10 Mitarbeitern bis zum Jahr 2000 auf über 25 an.

Was passierte nach den Multiplexbauten in Deutschland ab 2000 und wie hat sich das Geschäft mit der Digitalisierung dieses Jahrhunderts entwickelt?

Als sich in Deutschland alles stark veränderte und der Kino-Markt einbrach, gab es nur die Wahl, aufzugeben oder mit starkem Teamgeist andere Wege zu gehen. Wir entschieden uns für den zweiten Weg und nutzten unser gewonnenes Know How beim Bau von Multiplexen nun auch in anderen europäischen Ländern. Innerhalb der nächsten 8 Jahre hatten wir Tochterfirmen in mehr als 10 europäischen Ländern gegründet wie z.B. Italien, Polen, Rumänien oder auch Benelux.

Durch die Digitalisierung ab ca. 2008 veränderte sich der Markt dramatisch. Hersteller aus  der analogen 35mm Welt verschwanden, neue Hersteller tauchten auf. Für uns die einmalige Chance neue Marktanteile zu gewinnen. So konnten wir unseren Marktanteil alleine in Deutschland von 15% im analogen Zeitalter auf über 60% bis 2010 erhöhen. Mit der Firmengröße wuchs das Risiko und die Fremdkapitalzunahme wuchs.

Bei mir entstand der Wunsch nach einem Firmenpartner, der schnell gefunden wurde, sich am Ende jedoch als Heuschrecke herausstellte. Schnell entschied ich die gesamte Firma zu verkaufen.

Noch waren Sie kein Kinobetreiber. Was haben Sie dann gemacht?

Ich hatte nach dem Verkauf wie es üblich ist drei Jahre Wettbewerbsverbot in Deutschland. In der Zeit habe ich die Kinomärkte analysiert, überlegt, was werden die nächsten Trends. Zwei Dinge fielen mir auf:

  • Bestuhlung. Hier war ein großer Nachholbedarf, da die Stühle fast mehr als zwei Jahrzehnte in der selben Form im Kino stand und dringend andere Modelle gefordert waren. Heute sprechen wir von VIP Sitzen, Recliner (Anm.: motorisch verstellbares Fuß- und Rückenteil des Kinositz) etc. die damals völlig unbekannt waren.
  • Immersive Motion (Anm.: Bewegung des Kinostuhl passend zur Filmszene, auch 4D genannt) – der bewegte Stuhl. Eine Technik, die 2010 noch in den Kinderschuhen steckte, heute aber nicht mehr wegzudenken ist.

Zusätzlich habe ich zwischen 2012 und 2015 meine ersten Erfahrungen als Kinobetreiber in Bulgarien gesammelt. Zusammen mit einem lokalen Partner hatten wir an drei Standorten mehrere Kinos, die mit moderner Technik von mir ausgestattet wurden.

Wie sind Sie dann nach Mettmann gekommen? Was hat Sie bewogen das Kino in Mettmann zu übernehmen?

Als ich 2015 wieder mit der Kinotechnik in Deutschland begann, war nach den Erfahrungen in Bulgarien schnell klar, dass ein eigenes Kino hilfreich wäre, um technische Trends, etc. schneller und besser umzusetzen. Durch die langjährige geschäftliche Freundschaft mit der Familie Rosslenbroich ergab sich dann die Möglichkeit das Kino in Mettmann zu pachten.

Das Weltspiegel Kino ist in Mettmann in den letzten Jahren von einer historischen Einrichtung zum angesagten Treffpunkt geworden. Wie haben Sie das geschafft?

Unser Kino ist das älteste Kino in Deutschland, was ohne Unterbrechung seit 1907 durchgespielt hat. Auch im Krieg wurde der Betrieb aufrechterhalten. Nach dem Umbau im Jahre 2016 haben wir viele neue Besuchergruppen zurück nach Mettmann gebracht. Durch die Investition in neue Technik oder auch räumlichen Umbau und Bestuhlung wurden wir wieder attraktiver für die Bevölkerung im Kreis Mettmann. Die Ansprüche des Publikums haben sich verändert; statt anonyme Multiplexe sind nun kleine, überschaubare Kinos gefragt. Im letzten Jahr sind wir bei der Wahl zum deutschen Lieblingskino unter die Top 10 aller deutschen Kinos gewählt worden. Dies hat uns überregional noch einmal zusätzlich Aufmerksamkeit beschert.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kino Branche?

Es ist gerade für uns wichtig, dass wir die Trends so schnell wie möglich umsetzen. Das bedeutet, dass das Publikum innerhalb des Kinos eher eine Wohnzimmer Atmosphäre möchte. Es wird Sofas geben oder ganze Sitzgruppen und -ecken. Niemand möchte in einem 600 Stühle Kino alleine sitzen. Draußen im Grünen haben wir dieses Jahr vergeblich versucht ein Open Air Kino zu planen. Wir sind aber schon in Gesprächen für 2020 und sind sehr optimistisch, dass wir schon bald eine Ankündigung machen können. Lassen Sie sich überraschen.

Wie sind Ihre Gedanken zur Zusammenarbeit mit der Stadt Mettmann und der aktuellen Situation der Innenstadt?

Die Stadt hat uns damals beim Umbau bestmöglich unterstützt und das gilt bis heute. Mit der aktuellen Verkehrsführung bin ich zufrieden. Ich sehe da auch keinen großen Einfluss in der vorherigen oder derzeitigen Situation auf das Geschäft. Wir kooperieren mit dem evangelischen Krankenhaus und so können unsere Besucher dort parken. Das ist natürlich auch für andere Besucher der Innenstadt eine Alternative. Man sollte nicht immer erwarten „direkt vor der Tür“ parken zu können. Diese Lage ist nun mal so wie sie ist. Ich finde, wir haben genug Gastronomie in der City. Vielleicht fehlt noch eine zünftige Weinstube, die auch Käse und Schinken anbietet oder ein Kino-Café.

Was würden Sie in der zukünftigen Bauplanung wünschen?

Man sollte nicht das Geld ausschließlich in weitere Umbauten des Verkehrs stecken, sondern sich auch auf die Gestaltung der Innenstadt konzentrieren. Es muss gemütlicher werden und Spaß machen in die Stadt zu gehen. Die Oberstadt ist traumhaft schön und diesen baulichen Charakter sollte man sukzessive weiter nach unten fortführen.  Die Häuserfassaden sollten zueinander passen und eine schöne historische Stimmung vermitteln. Alt und Jung sollten damit zusammengeführt werden. Ich glaube, dass wir mehr Wohnraum in der Innenstadt brauchen. Die Stadthalle ist unansehnlich und ich würde sie abreißen. Die Idee, ein neues Kulturzentrum zu errichten oder zu eröffnen finde ich sehr gut.

Wie könnten solche Ideen umgesetzt werden?

Die Oberstadt ist für sich aktiv. Aber es müssten mal alle oder zumindest deutlich mehr Geschäftsleute mit den Politikern an einen Tisch kommen. Mettmann Impulse oder auch die GVM (Gesellschaft Verein zu Mettmann) vertreten Geschäftsleute, aber jeder sollte auch mal selbst die Stimme erheben oder die Meinung austauschen.

Was sind neue Ideen, die Sie umsetzen möchten, um erfolgreich zu bleiben?

Natürlich habe ich mehrere Visionen, Träume und Pläne. Es wäre doch toll, wenn eine Schule mittels unserer Technik den Unterricht an manchen Tagen in unser Kino verlegt und in Hörsaal Atmosphäre Schüler und Lehrer unterrichten. So hatten wir schon eine überregionale Veranstaltung von Ärzten hier. Wir sind offen für alle Arten von Feiern, Vereine und Versammlungen. Wenn man möchte, kann man seinen Lieblingsfilm auf DVD oder BluRay mitbringen und ihn sich mit Freunden und Familie bei uns anschauen. Kino wünsche ich mir als gesellschaftliches Ereignis.

Was ist Ihr Lieblingsfilm?

Ich mag die großen Klassiker wie „Vom Winde verweht“ oder „Ben Hur“.

Vielen Dank Herr Rüttgers

Thomas Rüttgers ist Geschäftsführer der Eccoplexx Mettmann GmbH und Betreiber des Weltspiegel Kino in Mettmann. Er ist 1963 geboren und hat nicht nur seit 40 Jahren eine Dauerkarte bei Fortuna Düsseldorf, sondern auch eine B-Trainer Lizenz des DFB.