Haushaltsrede von unserer Fraktionsvorsitzenden, Andrea Metz

Rede der FDP-Ratsfraktion zum Haushalt 2022
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,
mit der Aufstellung des Haushaltes für 2022 stehen Rat und Verwaltung vor neuen Herausforderungen. Denn nicht nur Corona, sondern auch die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine wirken sich auf den Haushalt der Stadt Mettmann aus. Daher geht zunächst der Dank an die Kämmerei für die Aufstellung des Haushaltes unter erschwerten Bedingungen.
Der von der Verwaltung und der Bürgermeisterin den Ratsfraktionen am 14.12.2021 vorgelegte Haushaltplanentwurf 2022 weist einen „offiziellen“ Fehlbetrag von rund 2 Mio. EUR aus. In der mittelfristigen Ergebnisplanung sind weitere Jahresfehlbeträge in erheblicher Höhe (zwischen 2,4 und 4,6 Mio. EUR pro Jahr) geplant. Um den Jahresfehlbetrag teilweise aufzufangen plant die Verwaltung erneut die Erhöhung der Grundsteuer B um weitere 25 auf 700 Prozentpunkte. Diese Erhöhung spült ca. 400.000,-EUR in die städtische Kasse und ist bereits als zusätzliche Einnahme im Haushalt abgebildet.
Für 2022 sind Investitionen in Höhe von ca. 36,5 Mio. EUR geplant Die größten Positionen sind hierbei die neue Feuer- und Rettungswache, die Gesamtschule sowie die Sanierung des Hallenbades. Der geplante Schuldenstand (Schulden insgesamt) beträgt in 2022 ca. 169 Mio. EUR und steigt bis 2025 auf geplant 269 Mio. EUR an. Diese geplante Steigerung bis 2025 bedeutet fast eine Verdoppelung innerhalb von fünf Jahren (2021 bis 2025).
Soweit zu den Eckdaten des Haushaltes 2022. Um die von der Verwaltung vorgelegten Zahlen einordnen und beurteilen zu könne, wäre es hilfreich gewesen, wenn das Ergebnis für 2021 vorliegen würde, Das ist leider nicht der Fall und erschwert die Beurteilung von Kostensteigerungen etc. erheblich.
Im Folgenden möchten wir einige Themenbereiche gesondert ansprechen.
Schuldenstand
Der geplante Anstieg der Verschuldung ist exorbitant und birgt ein erhebliches Zinsrisiko. Steigt der Zins nur um 2% erhöht sich die Zinsbelastung bei den Liquiditätskrediten um 2 Mio. EUR und bei den Investitionskrediten um 3 Mio. EUR. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass die steigenden (Bau-) Kosten für Investitionen noch nicht eingerechnet sind. Die Liquiditätskredite für 2022 betragen 65,8 Mio. EUR und steigen bis 2025 auf geplante 99,7 Mio. EUR, also auf fast 100 Mio. EUR. Auch hier sind Mehrbedarfe aufgrund Kostensteigerungen noch nicht berücksichtigt. Das ist ein Schuldenberg bisher nicht bekannten Ausmaßes, welcher nachfolgende Generationen erheblich belasten wird.
Investitionen
Die Planungs- und Baukosten für Investitionen werden wegen des Ukrainekonflikts und der zunehmenden Inflation explodieren. Auf unsere Anfrage hin sieht sich das Baudezernat derzeit nicht in der Lage, eine voraussichtliche Kostenschätzung für das Projekt Gesamtschule abzugeben. Da noch weitere große Investitionen anstehen, wie z.B. die Feuer- und Rettungswache und das Baudezernat zudem personell ausgedünnt ist, werden alle Planungsleistungen voraussichtlich extern vergeben werden müssen. Damit entwickelt sich die Gesamtschule zu einem finanziellen Abenteuer mit nicht absehbaren finanziellen Belastungen. Weder der Standort für die Gesamtschule, noch der Standort für die Feuer- und Rettungswache ist abschließend geklärt. Je mehr Zeit für diese Entscheidungen benötigt werden, desto teurer werden tendenziell alle nachfolgenden Planungen und Arbeiten.
Eine seit langem von der Verwaltung zugesagte Überplanung des Stadthallenareals ist bis heute noch nicht erfolgt, so dass die planerische Entwicklung der Stadt an dieser prominenten Stelle blockiert ist. Stattdessen hat die Mehrheit des Rates beschlossen insgesamt rund 11 Mio. EUR (verteilt über mehrere Jahre) in die Sanierung des maroden Hallenbads zu stecken. Damit ist der interessante Standort des derzeitigen Hallenbades für eine zukünftige Überplanung dieses Areals und gegebenenfalls Neuausrichtung der Innenstadt auf Jahrzehnte verloren.
Einnahmen und Ausgaben
Die Erträge in Höhe von knapp 127 Mio. EUR können die Aufwendungen von knapp 129 Mio. EUR nicht decken. Die Gewerbesteuer ist mit geplanten 13,5 Mio. EUR noch weit entfernt von ihrem ehemaligen Höchststand mit 17,6 Mio. EUR (in 2019). Es ist daher zwingend notwendig alle Bereiche dahingehend zu überprüfen, ob zusätzliche Einnahmen (und Erträge) generiert bzw. Ausgaben (und Aufwendungen) gekürzt werden können. Dies wird auch mit Einschnitten bei den Leistungen für die Bürger verbunden sein. Beispielsweise könnten die Reinigungsintervalle bei der Straßenreinigung verlängert werden. Da der Bauhof lt. Aussagen der Verwaltung unter Personalmangel leidet, könnten so personelle Kapazitäten an anderer Stelle eingesetzt werden. Auch die Erhöhung der Hundesteuer sei hier genannt. Nicht unbedingt für dieses Jahr, da die Bescheide längst raus sind, aber für die Folgejahre. Apropos Bauhof – dieser erbringt eine Vielzahl von Leistungen, die nicht abgegolten werden, z.B. im Rahmen des Heimatfestes oder des Blotschenmarktes. Auch die Gebührenstaffel für die Entgelte für die Kindertagesbetreuung muss überprüft werden, hat die Analyse der Unternehmensberatung IMAKA ergeben. Bei den Ausgaben (und Aufwendungen) muss der Rotstift angesetzt werden. Viele Ausgaben sind unabweisbar, andere aber nicht. Hier ist jedes Dezernat gefordert Einsparpotentiale aufzuzeigen und zu realisieren, wenn wir es mit der Haushaltskonsolidierung ernst meinen,
Aufbauorganisation
Die von der IMAKA vorgeschlagene Aufbauorganisation findet grundsätzlich unsere Zustimmung. Es war lange überfällig, den Baubetriebshof in das Dezernat 3 einzugliedern. Den Tiefbau und das Gebäudemanagement im Dezernat 3 als unterschiedliche Ämter zu führen, erscheint vor dem Hintergrund der Aufgabenverdichtung sinnvoll. Die Musikschule im Fachbereich 4 Bildung zu belassen, halten wir für richtig. Nicht einverstanden sind wir mit der Ausgliederung der Bibliothek und der VHS in die Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Kultur und Gesellschaft. Die von der Verwaltung hervorgehobene enge Verbindung zum Stadtmarketing sehen wir an dieser Stelle nicht. Das neue Amt für Digitalisierung und Informationstechnik macht Sinn. Auch mit dem Justitiariat als Stabsstelle können wir gut leben. Die Übernahme des Dezernats 1 durch die Bürgermeisterin halten wir wegen der zusätzlichen Aufgaben als fachliche Vorgesetzte für schwierig. Hat doch das IMAKA-Gutachten eindeutig gezeigt, dass das Kernproblem der Stadtverwaltung die nicht besetzten Führungsämter sind. Wir hätten uns für die Leitung des Dezernats 1 einen Juristen gewünscht, der gleichzeitig fachlicher Vorgesetzter für den Personalbereich ist. Im Personalbereich gibt es schon länger große „Baustellen“, wie die signifikant erhöhten Abwesenheiten und eine überdurchschnittliche Fluktuation. Dieses Problems muss sich die Verwaltungsspitze umgehend annehmen, führt es doch innerhalb der Belegschaft zu großer Unzufriedenheit und einer übermäßigen Belastung der anwesenden Mitarbeiter.
Beigeordnete
Die Bürgermeisterin hat es seit über einem Jahr unterlassen, die wichtige Position des Ersten Beigeordneten auszuschreiben und zu besetzen. Einen entsprechenden Antrag dazu hatten wir gestellt. Nun fordert die Kommunalaufsicht die Stadt Mettmann auf, diese Position wegen ihrer Bedeutung „unverzüglich“ zu besetzen. Die Zeit, eine geeignete, also fachkompetente und führungsstarke Persönlichkeit als technischen Beigeordneten zu finden, hatten wir damit nicht mehr. Und damit auch nicht mehr die Möglichkeit, einen technischen Beigeordneten als Ersten Beigeordneten auszuschreiben, was die Attraktivität der Stellenausschreibung gesteigert hätte. Schließlich ist bekannt, dass der Markt für (Bau-) Ingenieure derzeit leergefegt ist. Als Ergebnis dieses „hausgemachten“ Problems wurde der Leiter des Dezernates 4 zum Beigeordneten gewählt. Aus den nunmehr zwei amtierenden Beigeordneten muss dann ein Erster Beigeordneter bestimmt werden.
Strategische Haushaltskonsolidierung und Organisationsuntersuchung
Zu den in Auftrag gegebenen Gutachten liegen mittlerweile die Ergebnisse vor. Kurzfristig gibt es kaum eine Maßnahme, die für das Haushaltsjahr ergebniswirksam umsetzbar ist. Der Fokus liegt daher auf den mittel- und langfristig wirkenden Maßnahmen. Letztlich geht es nicht nur darum Aufwendungen und Erträge zu prüfen, sondern vor allem darum die Abläufe und Strukturen innerhalb der Verwaltung zu optimieren und so die Effektivität der Verwaltungsarbeit zu verbessern. Diese Umgestaltungen sind sehr komplex und benötigen Zeit, aber eine Alternative dazu gibt es nicht. Einen Vorschlag dazu will die Verwaltung bis Mitte des Jahres vorlegen
Abschließend lässt sich sagen, dass die Haushaltslage unserer Stadt prekär ist. Diese können wir nur verändern, wenn wir die den Verwaltungsabläufen zugrunde liegenden Strukturen nachhaltig verändern. Nicht nachhaltig ist es dagegen immer mehr Schulden aufzutürmen, die nachfolgenden Generationen zu belasten und diesen damit eine wichtige Perspektive für ihr zukünftiges Lebensumfeld zu nehmen.
Eine mittel- und langfristige Konsolidierung des städtischen Haushalts wird nur mit enormen Anstrengungen gelingen. Die Mehrheit des Rates muss bereit sein den notwendigen Maßnahmen zuzustimmen. Die Belastungsgrenze vieler Bürgerinnen und Bürger ist vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Inflationsrate, knappen Wohnraums sowie der zunehmenden Unsicherheit in Bezug auf die Möglichkeiten der persönlichen Lebensplanung erreicht. Die Auswirkungen des Ukrainekonflikts zeigen uns gerade deutlich, dass Globalisierung auch Abhängigkeit bedeutet und unser Wohlstand nicht alleine von uns selber abhängt. Dies beschäftigt gerade auch die jüngere Generation. Zusätzliche Belastungen durch eine weitere Grundsteuererhöhung lehnen wir daher ab. Wir können dem Haushalt nicht zustimmen. Da wir im Gesamthaushalt aber dennoch einige gute Ansätze sehen, werden wir uns enthalten.
Andrea Metz Klaus Müller
Fraktionsvorsitzende stellvertr. Fraktionsvorsitzender